Felix Benz hat bei der «Diagonale der Verrückten», einem Ultratrail über 174 Kilometer und 10’000 Meter Höhenunterschied, eine starke Leistung gezeigt und nach knapp 52 Stunden gefinisht. Nachstehend sein Bericht:
von Felix Benz
Vor einem Jahr musste ich an dieser Stelle von meinem Ausscheiden bei der ersten Teilnahme am Grand Raid auf La Réunion berichten. Ja es war sehr bitter für mich und ich war sehr enttäuscht, dass ich die «Diagonale des Fous» nicht fertig laufen konnte. Wer sich nicht mehr erinnern kann, hat die Möglichkeit, meinen damaligen Bericht im Archiv dieser Homepage nachzulesen. Das Gute an jenem Fauxpas: Ich «durfte» somit nochmals zum Grand Raid auf die Insel La Réunion reisen und die Sache besser machen bzw. meine Fehler «ausbügeln».
Länger und schwerer
Und heute ist es total umgekehrt: Ich bin unbeschreiblich froh und glücklich, dass es mir gelungen ist, bei der «Diagonale der Verrückten» zu finishen. Die Erfahrungen vom letzten Jahr haben mir sehr viel genützt und ich konnte mich optimal auf den erneuten Versuch vorbereiten. Aber geschenkt wurde mir auch diesmal überhaupt nichts! Ganz im Gegenteil: Infolge eines Bergsturzes musste der Veranstalter die Strecke ändern, wodurch sie 9 Km länger wurde und somit eine Totallänge von 174 Kilometer aufwies. Der Höhenunterschied blieb bei rund 10’000 Meter unverändert, wobei sich diese Angaben nicht ganz nachkontrollieren lassen. Es soll GPS-Messungen geben, welche weit mehr gesamte Höhenmeter anzeigen. Aber das spielt im Grundsatz der Ultraläufer keine bedeutende Rolle. Denn hart und Lang ist jeder Ultra Trail. Auch das Wetter spielte in der Anfangsphase des Laufes nicht ganz mit. So musste ich nach rund 8 Stunden Laufzeit die Regen-Wind- und Kältejacke aus dem Laufrucksack nehmen. Denn ein Sturm fegte über die Insel und damit wurde der ohnehin verrückte Lauf noch schwieriger. Der Regen verwandelte die Wege im Dickicht zu Schlamm-, Sumpf- und Bachgeläufen. Es war grösste Vorsicht geboten, denn oft ging es seitlich nicht ganz ungefährlich tief den Abgrund hinunter. Ja in dieser Phase war vollste Konzentration verlangt und der Fotoapparat blieb in der Tasche. Noch ein Beispiel: Wind und Regen führten dazu, dass ich meine Laufbrille in der Jacke verstauen musste, denn ich sah ohne die Gläser mehr als mit Brille! Das hatte ich bisher noch nie erlebt.
Nach Plan
Aber es wurde dann bald wieder besser und die Sonne übernahm wieder das Zepter und damit stiegen die Temperaturen von wenig über dem Gefrierpunkt auf dem ersten grossen Berg bis auf über 30° in den exponierten Geländekesseln. Extrem diese Unterschiede. Aber darauf war ich ja vorbereitet. Bei Streckenhälfte hatte ich auch schon das geplante «Zeitpolster» gegenüber den vorgegebenen maximalen Durchgangszeiten erlaufen und war mir im Klaren, dass ich das Rennen diesmal zu Ende laufen werde. Doch ein Sturz mit Folgen ist bei den vielen schweren Abstiegen schnell passiert und ein solcher wollte ich mit allen Mitteln verhindern, was mir auch glückte. Als ich an jener Stelle vorbei kam, an der ich vor einem Jahr meine grossen Probleme hatte und schlussendlich aus dem Rennen genommen wurde, ist mir klar geworden, dass es alles andere als eine Selbstverständlichkeit ist, bei diesem Ultratrail zu finishen. Die Auswertung ergab, dass in diesem Jahr bei der extremen Nässe und veränderter Strecke nur 50 % aller 2’300 Teilnehmer das Ziel erreichten. Der letzte Berg beziehungsweis die letzten 15 Kilometer, welche ich letzte Jahr nicht mehr laufen konnte, habe ich darum mit grossem Respekt begonnen. Ich versuchte, jeden dieser letzten Kilometer der Strecke zu geniessen, doch bei jedem Schritt lösten die kantigen Steine der Laufstrecke auf meinen Fusssohlen nicht nur Glücksgefühle aus. Von hoch oben am Hang hörte ich den Speaker, welcher rund um die Uhr jeden einzelnen Finisher im Stadion La Radoute begrüsste.
Im Ziel
Dann war es soweit und ich durfte die letzten flachen 500 Meter vor dem Ziel laufen. Das Ganze im Runners-High!. Es war Nacht um halb drei Uhr, trotzdem hatte es im Stadion recht viele Zuschauer, die sich mit mir freuten. Die unbeschreiblichen Glücksgefühle, welche ich nach ähnlichen «Grosstaten» schon erleben durfte, waren wieder da. 51 Stunden und 55 Minuten sind seit dem Start in St. Pierre im Süden der Insel vergangen, ich stehe an 568. Stelle der Finisher. Ja da ist mir eine sehr gute Leistung gelungen, das war mir aber erst richtig bewusst, als ich im Hotel nach ein paar Stunden Schlaf erwachte und die Finishermedaille und das Shirt in den Händen halten konnte und zudem feststellte, dass sich meine Füsse und Beine in fast unverändertem Zustand wie vor dem Start befanden. So machen auch Ultraläufe wie die Diagonale der Verrückten Spass. Mit diesem Lauf habe ich nicht an irgendeinem «Laubsägelilauf» erfolgreich teilgenommen, sondern bin, wie ein lieber Lauffreund aus der Ultraszene gesagt hat, auf dem Olymp der Trailläufer angekommen! Darauf darf ich, so glaube ich, sehr stolz sein. Ja es hat sich für mich gelohnt, dass ich nochmals nach La Réunion gereist bin. Ich verzichtete diesmal auf Ferientage vor und nach dem Lauf. Der Wettkampf allein stand im Fokus. Nun gehöre ich bei diesem Ultratrail zu den Finishern. Ziel erreicht – was will ich mehr!
Zeitungsbericht Der Rheintaler
Abschnittszeiten/Rangierungen

























































