Juli 1, 2009

Swiss-Jura-Marathon: Ein unbeschreibliches Glücksgefühl im Ziel – Die täglichen Erlebnisse zwischen Genf und Basel von Felix Benz

Das Laufabenteuer ist zu Ende! Ich darf auf eine gelungen Laufwoche zurück blicken. Meine Ziele habe ich durchwegs erreicht, die Wünsche sind in Erfüllung gegangen. Überglücklich habe ich Basel erreicht, stehe an 8. Stelle der Schlussrangliste und bin bestklassierter Schweizer. Wie es dazu kam, durfte ich euch täglich berichten. Dabei versuchte ich, nicht nur meine persönliche Leistungen und mein Empfinden in den Vordergrund zu stellen, sondern auch über die vielen Facetten und Geschehnisse am Rande dieses einmaligen Erlebnislaufes zu beschreiben. Ich hoffe, das ist mir gelungen und ihr, liebe milarheintal-HP-Besucher, hattet ein bisschen Freude daran. Denn passiert ist einiges auf der 7-tägigen Reise über 350 Kilometern von Genf nach Basel. Über über den Jura mit 11000 Meter Steigungen und Gefälle, bei unterschiedlichsten Wetterbedingungen.

von Felix Benz

Letzte Vorbereitungen und Reise an den Genfersee (Samstag, 4. Juli 09)

Ein frohes Wiedersehen
Die letzten Infos zum Lauf sind eingetroffen, u.a. die Teilnehmerliste. Ca. 70 Personen werden laufen wie ich das «volle Programm» über 350 Km, ca. 30 laufen täglich die halben Etappen. Einige, die wie ich bereits vor zwei Jahren schon dabei waren, kommen wieder. So auch Nemeth Csaba aus Ungarn. Er gewann den Swiss-Jura in den vergangenen zwei Jahren und wird wohl auch in gut einer Woche wieder mit grossem Vorsprung in Basel als Sieger feststehen. Nemeth ist einer der weltbesten Ultraläufer und war am letztjährigen Mont-Blanc-Ultratrail einer der Besten. Ich freue mich, ihn und andere Bekannte, u.a. das ganze Organisationsteam wieder zu sehen. Und natürlich freue ich mich auf viele neue Bekanntschaften.

Bevor ich am Samstagmorgen in den Zug nach Genf eingestiegen bin, konnte ich noch den Gigathlon verfolgen. Die Inline-Skater durchfuhren das Rheintal. Ramon Hüppi, ein Mila-Lauffreund, bestreitet als Single den Mega-Anlass. Respekt vor dieser grossen Leistung.

Die Zusammenkunft für den Swiss-Jura-Marathon ist am Samstagnachmittag in Saint-Cergue, oberhalb Nyon. Das ist zugleich auch das Ziel der ersten Etappe. So fahren die Läufer am Sonntagmorgen nach Genf zum Start, womit die Mehrzweckhalle von Saint-Cergue zwei Mal als Unterkunft benützt werden kann. Das ist einfacher, als in der Stadt Genf auch noch ein Unterkunft zu beziehen.

1. Etappe (Sonntag, 5. Juli 2009): von Genf nach St. Cergue über 47 Km mit 1410 m Steigungen

Die «Wand» wurde zum Problem
Extra für die Teilnehmer des Swiss-Jura-Marathons hat die Stadt Genf die Fontäne im See in Betrieb gesetzt. Das hat uns natürlich sehr gefreut. Mit dem Startschuss um 08.00 Uhr wurden 50 Läufer und 10 Läuferinnen auf die erste Etappe geschickt. Kaum ein Wölklein war am Himmel zu sehen. Das hatte zur Folge, dass die Temperaturen ziemlich rasch in die Höhe stiegen. Die ersten flachen 25 Kilometern entlang der französischen Grenze waren für mich noch kein grosses Problem, ich konnte ein zügiges Tempo laufen. Doch dann stand die «Wand» vor mir: Eine Steigung von 1100 Höhenmetern auf 13 Kilometern (siehe Profil). Darunter befanden sich mehrere Abschnitte von 300-500 Metern mit Steigungen von 40 % (berechnet durch GPS). Mit diesen extremen Anstiegen bei der Hitze hatte ich gröbere Probleme, sie zwangen mich sogar zu kleinen Verschnaufpausen. Zum Glück für mich kam dann eine kleine Abkühlung. Ein paar Gewitterwolken entleerten sich oberhalb der Laufstrecke und machten mir das aufwärts Laufen wieder einfacher. So kam ich dann doch ziemlich passabel über die zweite Hälfte dieses Aufstiegs auf den 1650 Meter hohen Mont Dole. Leider verhinderten ein paar Restwolken den vollen Blick von diesem Aussichtsberg hinunter auf den Genfersee. Dadurch wurde dieser Fotostopp etwas kürzer als geplant (alles hat sein Gutes). Zum Schluss dieser ziemlich «nahrhaften» ersten Etappe, die übrigens ziemlich klassierte, folgte der 7 Kilometer lange Abstieg nach St. Cergue. Diese 600 Höhenmeter war ich ziemlich vorsichtig gelaufen, denn die Wege waren trotz der wieder gekommenen Sonne doch noch etwas glitschig.

Bei der heutigen ersten Etappe belege ich Rang 11. Meine Zeit von 5:06 Std. ist unter den beschriebenen Umständen für mich zufriedenstellend bis gut. Besonders wichtig und das Ziel für mich war, dass ich diesen Tag ohne Nachwehen überstehen konnte, und das ist mir vollkommen gelungen. Ich verspüre absolut keine muskulären Probleme. So bin ich für die morgige 2. Etappe und für die folgenden frohen Mutes. Der Laufspass kann weiter gehen!

2. Etappe (Montag, 6. Juli 09) von St. Cergue nach Le Sentier über 45 Km und 1290 m Steigungen

Ein ständiges auf und ab – genau nach meinem Geschmack
Mit viel Elan startete ich um 7 Uhr bei bestem Laufwetter. Anfänglich war der Himmel noch etwas bedeckt, im Laufe des Morgens erstrahlte die Sonne den ganzen Jura und lies die Temperaturen in die höhe steigen. Doch als es dann richtig warm wurde, war ich (zum Glück) bereits im Ziel. Heute wollte ich testen und zeigen, was ich zur Zeit zu laufen im Stand bin. Klar habe ich meine Stürze in dieser Etappe vor zwei Jahren nicht vergessen. Das passierte mir heute nicht, denn ich nahm kein grosses Risiko bei den Abwärtspassagen und auch dem Energiehaushalt schenkte ich grössere Beachtung als bei meiner ersten Teilnahme am SJM. Ich war schon bald nach dem Start unter den ersten zehn und konnte mein Tempo bzw. meine Position ohne Probleme halten. Doch ein kleines Problem gabs doch noch: Der Zehennagel links hat im Abwärtslaufen stark gelitten und er wird sich im Laufe des nächsten Halbjahres ersetzen lassen. Aber darin habe ich ja schon Routine, ein dunkler Nagel beunruhigt mich nicht mehr, auf das Laufen hat dies praktisch keine Auswirkungen. Auch heute habe ich wieder ein paar Fotos gemacht. Die Konkurrenz staunt nicht schlecht, dass ich mit meinem Rucksack und den verschiedenen Fotostopps trotzdem noch in den vordersten Positionen mitlaufen kann. So war es auch heute. Mit der Zeit von 4:44 Std. war ich als 7. im Ziel in Le Sentier. Ich freute mich natürlich über dieses Resultat, besonders als mich der Speaker als der «schnelle Schweizer» begrüsste. Ja man kennt mich halt in dieser Szene und gemäss der Zwischenrangliste bin ich inzwischen auch der beste Schweizer (9. Rang). Ich hoffe, dass ich diesen «Titel» in den kommenden 5 Etappen verteidigen kann.
Die heutige Laufstrecke führte durch kein einziges Dorf, d.h. wir liefen auf typischen Wegen über Juraweiden und Wälder. Und weil es gestern Abend ziemlich stark regnete, waren die Wege teilweise noch ziemlich morastig. So war dann heute nach dem Zieleinlauf nicht nur Duschen angesagt, sondern ein regelrechter Schuh- und Kleiderwaschtag.

3. Etappe (Dienstag, 7. Juli 09), die längste Etaqppe von Le Sentier über den Chasseron nach Fleurier mit 56 Km und 1650 Meter Steigungen

Königsetappe: Ein wahres Laufvergnügen
Glücklich und zufrieden Sitze ich in einem Dorfkaffee von Fleurier, durch das Fenster sehe ich auf den Zieleinlauf, wo die etwas langsämeren Läuferinnen und Läufer erwartet werden. Ich habe diese Königsetappe, wie sie der OK-Chef genannt hat, mit grossem Erfolg gelaufen. Ich konnte die Strecke geniessen, lief nie «am Anschlag» und bin mit einer Laufzeit von 6:14 Std., wenn meine Zählung stimmt, wieder in den Top-Ten klassiert. Es herrschte heute bestes Laufwetter, Wolken und Sonne wechselten ab, Regen hatte ich keinen. Auf dem Chassron, dem höchsten Punkt des Tages bekam ich eine tolle Rundsicht. Das war mein innigster Wunsch für dieses Jahr, denn vor zwei Jahren war auf diesem Berg wegen Nebel und Graupelschauer keine 10 Meter weit zu sehen. Die heutigen Anstrengungen haben sich gelohnt. Und im Ziel gabs für mich nach dem Duschen die tägliche Massage. Die ersten, die jeweils im Ziel sind, haben verschiedene Vorteile: Es sind noch viele Termine für Massage frei, die Auswahl für den Schlafort bzw. die Platzierunng der Schlafunterlage auch praktisch unbeschränkt.

4. Etappe (Mittwoch, 8. Juli 09), von Fleurier nach La Chaux-de-Fonds.

Die Distanz beträgt 47 Km, die Laufstrecke führt auf den Creux du Van, ein selten schönes Naturjuwel der Schweiz sowie über die Vue des Alpes und beinhaltet 2020 Meter Steigungen.

Laufleistung gut – Erlebniswert weniger
Der heutige Tag war in Bezug auf das Wetter und damit verbundenen Erlebniswert eine kleine Enttäuschung. Am Morgen hatte es noch stark geregnet und so gab es auf den ersten 30 Kilometern ausser Nebel und Wolken gar nichts von der schon viel gepriesenen Jura-Landschaft zu sehen. So bekam ich praktisch keine Gelgenheit, gute Landschaftsfotos zu machen. Das hat aber auch seine gute Seite: Ich konzentrierte mich voll auf das Laufen und versuchte, meine Position unter den ersten zehn zu halten, vielleicht sogar der Rückstand auf die vor mir liegende Konkurrenz zu verkleinern oder mindestens den Abstand gegen hinten zu verteidigen oder zu vergössern. Und das ist mir gut gelungen! Ich lief nach 6:01 Std. in La Chaux-de-Fonds ein, Rang 7. Zur Zeit liegt die offizielle Rangliste und die neue Zwischenrangliste noch nicht vor. Die Rangverkündigung ist jeweils um 18.30 Uhr. Dann werden sich die Auswirkungen zeigen. Doch für grosse Verschiebungen in der Zwischenrangliste zu meinen Gunsten wird meine heutige Leistung wohl nicht geführt haben, denn die vor mir liegenden beiden Deutschen sind zwar hinter mir eingelaufen, aber der Rückstand war nicht allzu gross.

In Bezug auf den Gesamtsieg ist die Sache klar. Nehmet Csaba hat alle bisherigen vier Etappen souverän gewonnen und führt praktisch uneinholbar.

Etwas vom wichtigsten ist die Streckenmarkierung. Und da kann ich den Leuten, die am Morgen früh, bevor wir Läufer auf die Strecke gehen und die Markierungspfeile und -Bänder anbringen, nur ein ganz dickes Lob aussprechen. Es sind bisher praktisch keine «Falschläufer» bekannt geworden. Und auch der Küchenmannschaft, die uns die ganze Woche begleitet, kann ich ein grosses Kompliment machen. Sie ist besorgt für das Morgenessen (jeweils um 05.15 Uhr) und das Abendessen (um 18.30 Uhr). Wer will, kann direkt nach dem Zieleinlauf auch noch Spaghetti geniessen.

5. Etappe (Donnerstag, 9. Juli 09): Von La Chaux-de-Fonds nach Biel über 53 Km und 1520 Höhenmeter Steigungen

Das «Gröbste» ist vorbei – der heutige Tage war aber alles ander als einfach
Eigentlich hatte ich mich heute morgen auf einen sonnigen Tag eingestellt. Die ersten Morgenstunden waren dann auch so, aber als ich am Horizont den Chasseral, den höchsten Berg der heutigen Etappe, im Blickfeld hatte, zogen auch schon erste Regenwolken auf. Und als ich dann gerade oben ankam, regnete es in Strömen und ein kalter Wind blies mir um die Ohren. So zog ich erstmals im Wettkampf den Regenschutz über. Ihr könnt euch denken, was die Gäste im Bergrestaurant empfunden haben, als sie uns draussen vorbeirennen sahen. Kein Hund lässt man bei solchen Bedingungen ins Freie – aber wir Swiss-Jura-Marathon-Läufer kennen da nichts. Der Regen hörte zwar bald wieder auf, aber die Wege waren natürlich wieder morastig und glitschig wie eine Eisbahn. So hatte ich zwei gröbere Probleme: Erstens wollte ich auf keinen Fall stürzen, was praktisch nicht zu verhindern war. Aber das war das kleinere Problem. Das andere sind meine Zehen (-Nägel). Ein laienhaftes Tape, das ich mir selber gemacht habe, führte dazu, dass sich die Haut bei den Zehen nebenan wie mit einer Feile entfernt wurde. Zwar hat mich die «Medizinfrau» Ruth im Ziel bestens bzw. richtig verarztet. Doch wenn das Wasser nur so durch die Schuhe strömt, nützen die Plaster nichts mehr und die Geschichte macht mir vorallem beim abwärts Laufen doch mehr weh, als ich es anfänglich erwartete. Aber eben, was mich nicht umbringt macht mich ……
Der Lauf an sich stellt mich heute ziemlich zufrieden, obwohl ich heute Gefahr lief, aus den beschriebenen Gründen zwischenzeitlich aus den Top-Ten-Plätzen zu fallen. Aber schlussendlich hat es doch wieder geklappt und ich lief nach 5:49 Std. als neunter in Biel ein. Im Gesamten konnte ich den 8. Platz halten und halte damit die Schweizerfahne hoch!

Von der Strecke kann ich euch heute keine schönen Bilder zeigen. Einzig vielleicht von der Taubenlochschlucht, dieser Schlussabschnitt ist gegenüber 2007 neu. Ein wichtiges Detail für uns Läufer ist die Verpflegung. So möchte ich an dieser Stelle einen Dank an die Helfer und Helferinnen an den Verpflegungsstellen richten. Pro Etappe sind drei Verpflegungen eingerichtet. Dort werden uns Läufern die Wünsche von den Augen abgelesen. Das Angebot umfasst Wasser, Iso, Tee und Bouillon, selbstverständlich auch feste Nahrung wie Riegel, Dörrfrüchte und anderes. Da kommt jeder wieder zu Kräften.

6. Etappe (Freitag, 10. Juli 09): Von Biel nach Balsthal über 50 Km und 1780 Meter Steigungen

Unglücklich gelaufen
Der heutige Tag ist für mich nicht wie erhofft oder erwünscht gelaufen. Mein Handycap, die lädierten Zehen, haben mich anfänglich zwar nicht besonders gestört. Doch als ich die Fussspitze mehrmals und happig an Steinen angeschlagen hatte, tat das schon ziemlich weh. Vorallem beim abwärts Laufen hatte ich Mühe, den anderen Top-Leuten zu folgen. So hatte ich heute an den Steigungen viel mehr Freude. Dort konnte ich auch ziemlich gut mithalten. Mit einer Vierergruppe, bestehend aus direkt vor und hinter mir positionierten Läufern, war ich nach gut 30 Kilometern recht gut unterwegs. Doch plötzlich fanden wir keine Streckenmarkierungen mehr. Und keiner wusste ganz genau, ob der angeschlagene Weg der richtige war. Was sollten wir tun? Zwei liefen den angeschlagenen Weg weiter in der Hoffnung, dass er richtig ist. Ich und ein Spanier machten rechts umkehrt, wie uns die Wettkampfleitung bei derartigen Vorkommnissen auch anleitete. Wir fanden aber wirklich keine Markierungen mehr und immer mehr Läufer schlossen auf und so entstand eine grössere Diskussion. Als dann einige verlässlich wussten, wo es durch ging, kam uns auch schon ein Helfer entgegen, der die gesuchten Bänder wieder befestigte. Spitzenläufer Nehmet hatte das Fehlen der Markierungen auch festgestellt und der Wettkampfleitung mitgeteilt. Es macht den Anschein, dass irgendwelche dumme Leute die Markierungen böswillig entfernt hatten und so mich und andere sehr ärgerten. Ja der Zeitverlust war schätzungweise ca. 15 Minuten, und meine Motivation war kurzweise im Keller. Meine Konkurrenz hatte gut gepokert. Ich konnte den Rückstand nicht mehr aufholen, zumal auf den letzten Abschnitten nochmals saftige Abstiege zu bewältigen waren, und ihr wisst ja …… Aber so schlimm ist der Rückstand auch nicht. Und schlussendlich ist Laufsport auch «nur» ein Spiel und der sehr hohe Erlebniswert steht im Vordergrund, jedenfalls für mich. Und so sind kleine Ärgernisse auch schnell wieder vergessen. Natürlich bin ich im heutigen Tagesklassement mit meiner Laufzeit von 5:23 Std. nicht unter den ersten zehn und im Gesamten auch um einen Platz nach hinten auf Pos. 9 gerutscht. Etwas mehr beschäftigten mich heute meine Zehenverletzungen. Sie schmerzen mich schon noch bzw. immer mehr und ich ging sofort nach dem Duschen wieder zu Ruth, die die Wunden nochmals behandelte. Ich habe ein Foto gemacht, aber dieses stelle ich nicht ins Internet ……. (ihr versteht sicher warum). Ansonsten stimmt alles, sogar das Wetter ermöglicht noch einen Besuch in einem Gartenrestaurant. Und morgen gehts auf die Schlussetappe. Obs ein Schlussspurt wird – mal schauen!

7. und letzte Etappe (Samstag, 11. Juli 09), von Balsthal nach Basel.

Die Distanz beträgt 52 Km, es sind nochmals 1420 Meter Steigungen zu bewältigen. Das Ziel ist auf dem Münsterplatz.

Mich selbst überrascht
Die Rangliste hat es bestätigt, ich bin gestern auf den 9. Zwischenrang zurück gefallen. Der Rückstand ist allerdings nur eine knappe Minute. Weniger als ich gedacht habe. Diesen aufzuholen, das sollte doch zu schaffen sein! Das Wetter war ideal und mein Befinden auch gut. So lief ich ziemlich schnell los, wie ich es schon oft gemacht habe. Wie ich es erwartet hatte, folgte mir der vor mir liegende Kai nicht direkt. Auf den leicht ansteigenden Strassen war ich schnell aus dessen Blickfeld entschwunden. Auch in den folgenden Abstiegen, die zum Glück nicht mehr allzu steil und steinig waren, konnte ich ziemlich zügig rennen. Allerdings mahnten mich auch heute meine Zehen zur gewissen Vorsicht. Ich stellte fest, dass meine Hoffnung sich erfüllte und die direkte Konkurrenz mich in den Abwärtspassagen nicht mehr einholte. Und auf den letzten flachen Kilometern der Birs und dem Rhein entlang bis zum Ziel vor dem Basler Münster konnte ich ähnlich wie vor kurzem beim Hunderter in Biel nochmals so richtig «Vollgas» geben. Ich spürte und wusste, heute ist mir wieder eine starke Leistung gelungen. Das bestätigte die Rangliste. Ich erzielte die siebtbeste Laufzeit des Tages. In der Gesamtwertung stehe ich mit der Zeit von 39:46 Std. wieder auf Rang 8. Ein unbeschreibliches Glückgefühl kam in mir auf, als ich das Ziel erreicht hatte. Die wenigen Läufer, die schon im Ziel waren, gratulierten mir zum Erfolg und ich gesellte mich zu ihnen und wartete auf alle anderen. Wir alle und die Zuschauer freuten uns über jeden, der wie ich dieses gewaltige Rennen durchgestanden hatte.

Bemerkenswert
Der letzte Tag war nicht ein einfaches «nach Hause laufen». Nein, es ging nochmals ganz zünftig zur Sache. Und dank meinem tollen Schlusstag hätte ich beinahe auch noch den Spanier Samuel Arroyo in der Gesamtwertung überholt. Sein Vorsprung von 26 Minuten ist auf zwei Minuten zusammengeschmolzen. Aber das hätte mir fast leid getan, denn Samuel war gestern zusammen mit mir wegen den fehlenden Wegmarkierungen zurück gelaufen und diesen Zeitverlust hat ihn noch heute etwas geärgert. Seine Freude, dass er seine Position heute halten konnte, war riesengross. Auch ich habe mich mit ihm gefreut. Denn obwohl es ein Rennen ist und jeder ein Konkurrent ist, sind in diesen sieben Tagen echte Freundschaften entstanden. Und diese überstrahlen alles. Ein solches Beispiel ist auch das heutige «Drama» von Thorsten Gratzel. Eine Verletzung am Schienbein machte ihm das Laufen auf der heutigen Schlussetappe beinahe unmöglich. Doch aufgeben, am letzten Tag, an zweiter Stelle liegend? Nein, Thorsten biss auf die Zähne und kämpfte. Und er schaffte es, erreichte fünf Minuten vor Torschluss das Ziel. Zwar rutschte er auf Platz vier in der Schlusswertung, doch dass er es noch geschafft hat und jetzt zu den 40 glücklichen 350-Km-Finishern gehört, führte zu einem Sonderapplaus bei der Siegerehrung.

Die Rangverkündigung im Wintergarten des Restaurant Pfauen in Basel war ein würdiger Abschluss des SJM 2009. Nehmet Csaba aus Ungarn gewann das Rennen wie erwartet überlegen. Er war bei allen sieben Etappen der schnellste, seine Gesamtzeit beträgt 31:50 Std. Zweiter mit einem Rückstand von 2,5 Std. wird der schnellste Spanier vor einem jungen Dänen. Bei den Frauen gewinnt Cecile Berg aus Holland. Ihre Gesamtzeit beträgt 42:57 Std.

35 der 50 gestarteten Läufer und 5 der 10 Läuferinnen haben die vollen 350 Kilometer fertig gelaufen. Wegen leichten Verletzungen oder Überschreitung der täglichen Zeitlimiten haben die im K350 ausgeschiedenen auf den K175 gewechselt (dabei wird jeden Tag die zweite Streckenhälfte gelaufen). Eine sinnvolle Lösung für alle, so bleiben sie in der Gemeinschaft bzw. in der «kleinen» Wertung. 12 Männer und 11 Frauen sind im K175 klassiert, die Sieger heissen Linda Gomes aus Spanien in 20:54 Std. und Felix Thümel aus Deutschlad in 16:32 Std.

Mit etwas Wehmut gingen die SJM-Teilnehmer heute Abend auseinander verbunden mit einem grossen Dank an das OK unter der Leitung von Urs Schüpbach. (Fast) Alles hat bis zum Schluss bestens geklappt. Dass wir den Münsterbrunnen zum «Duschen» und die Freiluftgarderobe unter den Kastanien benutzen mussten, da ein städtischer Schulhausabwart nicht auffindbar war, darüber sahen die Läuferinnen und Läufer hinweg. Denn der SJM ist ja ein Berglauf, und bei Bergläufen ist die Körperpflege an einem Brunnen doch nicht ganz abwägig, oder?

Ranglisten
Die kompletten Ranglisten über den Swiss-Jura-Marathon bekommt

Bei Fragen zum Swiss-Jura-Marathon und für weitere Informationen stehe ich gerne per email zur Verfügung. Meine gültige Adresse lautet:
felix.benz@au.ch